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Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde
Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde © ENM, Foto: Andreas Tauber

Weltgeschichte hautnah

Tempelhof-Schöneberg ist eine Zeitmaschine!

Reisen Sie in Tempelhof-Schöneberg in die Vergangenheit. Erfahren Sie mehr über die  geplanten Bauten der Nationalsozialisten. Parcoure, Installationen und das Notaufnahmelager für Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR erzählen Ihnen noch mehr.
1941 wollen die Nationalsozialisten wissen, wie weit ein riesiger Triumphbogen der geplanten Welthauptstadt Germania absinken würde – schließlich wiegt nur eine Säule schon 12.650 Tonnen und das Gebäude sollte nicht im Märkischen Sand versacken. Also lässt NS-Architekt Albert Speer das gleiche Gewicht in Stahlbeton aufgießen. Eigentlich soll der Belastungskörper nach 20 Wochen wieder verschwinden, aber dazu kommt es nie. Später kann er nicht mehr gesprengt werden, weil das die umliegenden Wohnhäuser gefährden würde. So steht der Zylinder heute – 70 Jahre später – immer noch da, leicht schief hinter Bäumen und Gebüsch, als einziges Relikt der geplanten Nord-Süd-Achse für die Welthauptstadt Germania. Gemessen am Volumen ist der Schwerbelastungskörper heute auf 21 Meter Breite das schwerste Haus der Stadt und ist ein Mahnmal für den einstigen Größenwahn der Nationalsozialisten. Bei einer Führung durch den Berliner Unterwelten e.V. erfahren Sie alles zu Bau und Geschichte.

Geschichtsparcours Papestraße

Der sich anschließende Geschichtsparcours Papestraße, der Sie quer durch die Gartenkolonie und an den unter Denkmalschutz stehenden Kasernengebäuden vorbeiführt, erläutert auf 30 Schildern die Geschichte des ehemaligen Militärareals. Erfahren Sie  hier mehr über Kolonialismus, die Industrialisierung, die beiden Weltkriege und den Kalten Krieg.

Am Ende des Parcours befindet sich mit dem SA-Gefängnis Papestraße eines der wenigen erhaltenen historischen Zeugnisse des NS-Terrors. Ausgetretene Steinstufen führen in die Tiefe, es ist dunkel und kalt in diesem weitläufigen Keller mit seinen Gängen, Türen und Verschlägen. Die damals als Haftstätte genutzten Räume sind größtenteils noch in ihrem ursprünglichen Zustand. In einem Raum sehen Sie einen im Jahr 2005 gedrehten Film, in dem Zeitzeugen Tempelhofer Schulkindern über ihr Leben in den Kellern berichten. Wenn Sie genau hinsehen, werden Sie noch Zeichnungen, vereinzelte Wörter und Datumsangaben der Häftlinge an den Wänden erkennen.

Erinnerungsschilder im Bayrischen Viertel

Im Bayrischen Viertel erinnert eine Installation an Vertreibung und Entrechtung. Hier hängen 80 doppelseitige Schilder an den Laternen; Auf der einen Seite der Schilder sind unverfängliche Bilder wie Brote, Briefe oder Schreibtafeln zu sehen. Auf der "Kehrseite" sind Gesetze abgedruckt, die zur Verfolgung der deutschen Juden geführt haben. Dieses flächendeckende Denkmal heißt „Orte des Erinnerns im Bayerischen Viertel – Ausgrenzung und Entrechtung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Berliner Juden in den Jahren 1933 bis 1945“ und umfasst das gesamte Viertel.

Notaufnahmelager Marienfelde

Eine große, wartende Menschenmenge steht vor einem Gebäude mit langen, rechteckigen Fensternischen. Auf der linken Gebäudehälfte steht in großen weißen Lettern „Notaufnahmelager“. Der rechte Teil des Gebäudes ist mehrstöckig, an einem Fenster steht eine weißgekleidete Frau, möglicherweise eine Krankenschwester, und blickt auf die wartenden, skeptisch blickenden Menschen vor dem Haus. Im Vordergrund beugt sich eine Frau über einen Kinderwagen, hinter ihr lugt ein Koffer aus der wartenden Menge hervor.
Bei diesem Bild handelt es sich um ein Foto vom 14. August 1961. Metergroß prangt es an der Außenfassade des ehemaligen Notaufnahmelagers Marienfelde für Flüchtlinge aus der ehemaligen DDR. Einen Tag, nachdem die DDR begonnen hat, die Sektorengrenzen zwischen West- und Ost-Berlin in Zement zu gießen, ist die Mauer teilweise noch durchlässig. Also ergreifen zahlreiche Menschen panisch die letzte Gelegenheit zur Flucht in den Westen. Das Notaufnahmelager Marienfelde ist zu diesem Zeitpunkt seit acht Jahren die zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR. Insgesamt sind es bis zur Wiedervereinigung 1,35 Millionen Menschen, die über das Lager in den Westen gelangen.

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