Schwerbelastungskörper
Relikt des NS-Größenwahns
Monumentalbauten statt einer gewachsenen Stadt: Hitler will in Berlin Vorbilder aus Antike und Gegenwart in den Schatten stellen.
Berlin, Mitte der 1930er Jahre: Adolf Hitler befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Macht. Und zu seinen Zielen für eine nationalsozialistische Weltherrschaft gehört der radikale Umbau der Reichshauptstadt.
Der Generalbauinspektor Albert Speer entwickelt einen Plan für diese größenwahnsinnige Idee: Zwei riesige Achsen sollen Berlin in Zukunft durchkreuzen. Während die Ost-West-Achse an vorhandene Straßenführungen anknüpft, wäre die Nord-Süd-Achse eine komplette Neuanlage. Zahlreiche Wohnungen müssten abgerissen werden.
Der Nord-Süd-Achse gilt vor allem Hitlers Aufmerksamkeit, denn hier möchte er die Monumentalbauten ansiedeln: eine 300 Meter hohe Große Halle des Volkes für 180.000 Besucher und einen Triumphbogen von 120 Meter Höhe und 170 Meter Breite. Diesen hat der Diktator selbst skizziert. Die Namen aller im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten sollen auf ihm Platz finden. Spätestens im Jahr 1950 wollen die NS-Städteplaner das monumentale Berlin vollenden und ihm den neuen Namen Germania verleihen.
Belastungstest für Hitlers Triumphbogen
Kaum einer dieser Entwürfe wird verwirklicht, der Zweite Weltkrieg verhindert die Großprojekte. Zu den wenigen Ausnahmen gehört der Flughafen Tempelhof des Architekten Ernst Sagebiel.
Albert Speer plant aber noch mitten im Zweiten Weltkrieg für die Zeit nach dem erwarteten Sieg des nationalsozialistischen Deutschlands. Ein Hindernis erkennt er im sandigen Berliner Boden. Die Großbauten drohen so schwer zu werden, dass sie einsinken könnten. Für Hitlers Triumphbogen gilt das ganz besonders.
Um die Belastbarkeit des Bodens zu berechnen, lässt Speer von der Deutschen Gesellschaft für Bodenmechanik (Degebo) am geplanten Bauort einen Schwerbelastungskörper aufstellen. Dieser soll das Gewicht des künftigen NS-Monuments simulieren. Beobachter sehen nur den 14 Meter hohen Bauklotz über der Oberfläche, doch der Schwerbelastungskörper reicht 18 Meter in die Tiefe: Über 12.000 Tonnen Beton wirken auf den Untergrund.
Noch bis 1944, als der Zweite Weltkrieg längst verloren ist, nimmt die Degebo am Schwerbelastungskörper Messungen vor. Spätere Auswertungen zeigen: Der Betonklotz ist zu stark in die Erde eingesunken. Ohne besondere Stabilisierungsmaßnahmen wäre es dem Triumphbogen genauso ergangen.
Mahnmal nationalsozialistischer Stadtplanung
Nach Kriegsende ist der Schwerbelastungskörper überflüssig. Aber eine Sprengung würde die umliegenden Wohngebäude gefährden. Daher bleibt er erhalten und die Degebo nutzt ihn bis ins 1977 für weitere Messungen.
Im Jahr 1995 nimmt ihn das Landesdenkmalamt als letztes Zeugnis der NS-Städteplanung zur Nord-Süd-Achse in die Denkmalliste auf. Seit 2009 befindet sich hier ein Informationsort. Drei Stelen erinnern an die Geschichte des Bauwerks, das Besucher von einer Aussichtsplattform besteigen können. Ein Pavillon steht für die Besucherbetreuung und die Veranstaltung von Seminaren zur Verfügung.
Unsere Tipps rund um den Schwerbelastungskörper
Das ehemalige Militärareal auf der General-Pape-Straße rund um den Schwerbelastungskörper ist heute ein Geschichtsparcours mit Exkursen in den Kolonialismus, die Industrialisierung, die beiden Weltkriege und den Kalten Krieg. Wenn Sie sich für weitere Bauten der Berliner Moderne interessieren, ist der Flughafen Tempelhof nicht weit entfernt. Nehmen Sie den Bus der Linie 104 bis zur Haltestelle Platz der Luftbrücke.
Führungen
Jeden Sonntag findet um 15 Uhr eine öffentliche kostenfreie Führung statt.
Für individuelle Buchungen von Gruppenführungen kontaktieren Sie bitte museum@ba-ts.berlin.de
Praktische Infos von visitBerlin
Den Schwerbelastungskörper erreichen Sie mit der Bus-Linie 104 an der Haltestelle Kolonnenbrücke oder mit der Ringbahn an der Haltestelle Südkreuz. Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin Welcome Card.
Öffnungszeiten
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Öffnungszeiten (Zusatzinfos)
Diese Öffnungszeiten gelten im Zeitraum 1. April bis 31. Oktober.
Während der Winterpause sind Gruppenführungen auf Anfrage möglich. Anmeldung bitte unter Tel. 030/90277 6163