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Fassadendetail, Bauhaus Siedlung Staaken, Berlin Spandau
Fassadendetail, Bauhaus Siedlung Staaken, Berlin Spandau © Foto: Steve Simon

Flachbausiedlung Staaken

Neues Bauen in Spandau

In den 1920er Jahren soll die Flachbausiedlung Staaken Wohnraum für Angehörige der Fliegerakademie des Luftschiffhafens Staaken schaffen.

Die Flachbausiedlung Staaken, auch „Neu-Jerusalem“ genannt, liegt an der Heerstraße im Bezirk Spandau. Mit ihrer Plan- und Bauzeit zwischen 1923 und 1925 gehört sie zu den ersten Siedlungen im Stil des Neuen Bauens in Berlin.

Eingangsbereich, Bauhaus Siedlung Staaken, Berlin Spandau
Eingangsbereich, Bauhaus Siedlung Staaken, Berlin Spandau © Foto: Steve Simon

Ensemblespiel am Großstadtrand

Der Auftrag für ihre Planung geht 1923 an den Architekten Erwin Gutkind. Dieser arbeitet bis in die frühen 1920er Jahre als Dezernent für Siedlungswesen und Stadtplanung im preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt und publiziert über das Neue Bauen. In seinen Schriften geht es unter anderem um die Gestaltung von Häusern an den Rändern der Großstädte.

1922, ein Jahr vor der Auftragsvergabe für die Siedlung in Staaken, schreibt Gutkind:

„In [den halbländlichen Siedlungen um Berlin] muß leise schon der Grundton der Masse und der Reihung erklingen. Die Häuser sind in ihrer Grundform und in ihrer Aufteilung erdgebunden, aber nicht erdbefangen. Der Körper des einzelnen Hauses steht nicht in ländlicher Vereinzelung, sondern fügt sich mit anderen zu Gruppen aneinander“.

Dementsprechend plant der Architekt die Siedlung, sein erstes Projekt in Berlin, als Reihung von 21 Doppelhaushälften, ergänzt durch ein freistehendes Modellhaus. Die Gestaltung der Grünanlagen übernimmt Leberecht Migge, der zeitgleich auch Flächen für die Hufeisensiedlung und Waldsiedlung Zehlendorf entwirft. 

Erwin Gutkind muss als jüdischer Architekt 1933 emigrieren und stirbt 1968 in Philadelphia.

Flachbausiedlung Staaken
Flachbausiedlung Staaken, Heerstraße in Berlin Spandau © visitBerlin, Foto: Angela Kröll

Die Siedlung Neu-Jerusalem ist eine seit 1992 denkmalgeschützte Wohnanlage des Neuen Bauens an der Heerstraße im Berliner Ortsteil Staaken (Bezirk Spandau), nahe der Berliner Stadtgrenze. Die Siedlung wurde 1923/1924 von dem Architekten Erwin Anton Gutkind geplant und 1925 fertiggestellt.

Zeppeline und Filmklassiker

Nur wenige kennen die Geschichte des Flugplatzes Staaken. Kein Wunder: bei so viel Luftfahrtgeschichte in Berlin rückt neben den Giganten Tempelhof und Tegel so mancher Ort in den Hintergrund. 1915 lässt sich die Luftschiffbau Zeppelin GmbH in dem damaligen Dorf westlich von Spandau nieder. Die gebauten Zeppeline kommen im Ersten Weltkrieg zum Einsatz. Nach Kriegsende stehen die riesigen Hallen leer und werden zum Beispiel Drehort für den Klassiker „Metropolis" aus dem Jahr 1927. In den 1920er-Jahren nimmt der Luftverkehr in Staaken wieder Fahrt auf.

Die Deutsche Verkehrsfliegerschule gründet sich dort 1925 und lässt zeitgleich die Siedlung „Neu-Jerusalem" für ihre Flugschüler:innen und Lehrer bauen. Damals von die Öffentlichkeit unbemerkt: Die Schule ist eigentlich eine Talentschmiede der geheimen Luftrüstung. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ist sie ab 1933 ganz offiziell militärisch. Die Produktion und Luftfahrt in Staaken richtet sich anschließend völlig auf Kriegsvorbereitungen aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg endet die Geschichte des Flugplatzes im Jahr 1953.

Wenn Sie die Augen offen halten, können Sie auch heute noch viele Spuren der ehemaligen Luftfahrt in Staaken entdecken. Vor allem nördlich der Heerstraße bis zur Regionalbahn-Trasse treffen Sie auf monumentale Hallen und verlassene Verwaltungsgebäude.
 

Neues Bauen in Staaken

Die Häuser sind nach den Prinzipien des Neuen Bauens gestaltet. Flache Dächer, klare Linien und geometrische Grundformen bestimmen ihr Erscheinungsbild. Interessante Effekte erzielt Gutkind durch das Kombinieren unterschiedlich hoher, würfelförmiger Gebäudeteile: Einem Haupthaus ist jeweils ein Nebenbau zugeordnet, was die markante Staffelung der Fassade erzeugt.
Ungewöhnlich ist zu diesem Zeitpunkt Gutkinds serielle Planung, mit der er 21-fach denselben Grundtyp wiederholt. Kostengünstig und zügig führt er das Projekt mit der Nutzung von Fertigbauteilen durch.

Die Fassaden gliedert er horizontal: Im unteren Teil der Häuser sind sie weiß verputzt, ab der oberen Hälfte mit Klinkerziegeln verkleidet. Diesen Materialmix setzt Gutkind später bei weiteren Berliner Bauten ein, wie bei der Wohnanlage Ollenhauerstraße in Reinickendorf oder der Anlage Sonnenhof in Lichtenberg.
Da die Ziegel der Siedlung Staaken nicht witterungsbeständig sind, bedecken die meisten Bewohner:innen sie wenige Jahre nach dem Erstbezug mit einer Schicht Putz. Heute ist die Ziegelschicht an keinem der Häuser erhalten.

Im Lauf der Jahrzehnte nehmen sie zudem bauliche Änderungen an den Häusern vor, an Fenstern, Türen und Fassaden. Das von Erwin Gutkind beabsichtigte Erscheinungsbild der Siedlung ist dieser Tage kaum noch zu erkennen. Der Ortsteil Staaken ist während der Deutschen Teilung teilweise Ost-, teilweise West-Berlin. Die Siedlung Neu-Jerusalem liegt auf dem Gebiet der DDR, umschlossen von Grenzgebiet und abgeschieden vom Rest der Hauptstadt. Nach der Wiedervereinigung kommt Leben in den Ortsteil zurück. Die Siedlung wird in den 1990ern unter Denkmalschutz gestellt und ist heute denkmalgerecht saniert.

Infomaterial Berliner Moderne, visitBerlin
Infomaterial Berliner Moderne, visitBerlin © visitBerlin, Foto: Uwe Steinert

Grand Tour der Moderne

Zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 entwickelte der Bauhausverbund eine Grand Tour der Moderne, die Architekturfans durch ganz Deutschland führt. Die Flachbausiedlung Staaken ist Bestandteil dieser Themenroute.

Die weiteren Berliner Standorte als Grand Tour der Berliner Moderne:

Grand Tour der Berliner Moderne

Unsere Tipps rund um die Flachbausiedlung Staaken

In der Umgebung der Flachbausiedlung Staaken können Sie weitere Orte der Berliner Moderne entdecken, wie zum Beispiel das Haus am Rupenhorn. Nehmen Sie ab der Haltestelle Buschower Weg die Buslinie M49 in Richtung S+U-Bahnhof Zoologischer Garten und steigen Sie an der Haltestelle Stößenseebrücke aus.

Praktische Infos von visitBerlin

Zur Flachbausiedlung Staaken gelangen Sie mit der Buslinie M49, die Haltestelle ist Buschower Weg.
Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin Welcome Card.

Eine Bitte in eigener Sache

Die Flachbausiedlung Staaken ist ein ausgewiesenes Flächendenkmal. Gleichzeitig ist sie aber auch das Zuhause vieler Menschen, die hier wohnen und arbeiten. Diese pflegen das Denkmal und helfen, die Erinnerung zu bewahren.
Bitte berücksichtigen Sie dies bei Ihrer Besichtigung. Vielen Dank!