Mit Mut und Humor hat es Berlin schon durch so manche Krise geschafft. Deshalb haben wir für euch einen Blick auf die vergangenen 600 Jahre Geschichte geworfen und dabei viele heitere und starke Geschichten entdeckt, die unverwechselbar sind für Berlin, für Berlinerinnen und Berliner. Lasst euch inspirieren und ein bisschen stärken.
Sprachrohr der Opposition
„Achtung, Achtung, hier spricht Radio 100, der erste unabhängige, private Rundfunksender Berlins.“ Mit diesen Worten nimmt am 1. März 1987 auf westdeutscher Seite, nahe der Berliner Mauer, ein privater Alternativsender Fahrt auf. Schon bald wird eine seiner Sendungen auf der anderen Seite der Mauer sehr genau beobachtet: Die Stasi registriert, wo überall der neue, monatlich gesendete Beitrag „Radio Glasnost-außer Kontrolle“ auf DDR-Gebiet zu hören ist. Denn „Radio Glasnost“ ist ein Sprachrohr der DDR-Opposition in Westberlin und die Zuhörerschaft unter den DDR-Bürgern wächst schnell.
Schlagworte der Hoffnung
Glasnost bedeutet im Russischen „Offenheit, Transparenz, Öffentlichkeit“ und bezeichnet als Schlagwort die vom damaligen Generalsekretär Michail Gorbatschow in der Sowjetunion eingeleitete neue Politik. Zu dieser neuen Politik Gorbatschows gehört auch ein weiteres Schlagwort: die Perestroika, was soviel bedeutet wie „Umgestaltung, Umstrukturierung“, also den Prozess des Umbaus und der Modernisierung des sozialistischen Gesellschaftssystems bezeichnet. Perestroika und Glasnost waren ab Mitte der 1980er Jahre Schlagworte der Hoffnung für die Opposition in der DDR. Gorbatschow selbst wurde zum Hoffnungsträger und noch heute zählt sein Bruderkuss mit Erich Honecker zu einem der symbolträchtigsten Bilder an der East Side Gallery.
Geschmuggelte Tonbänder verbreiten Reformideen
Ihre Reformideen schmuggeln die Oppositionellen aus Ostdeutschland mittels Tonbändern für „Radio Glasnost“ über die Grenze in den Westen. Auf diesen beschreiben sie ganz offen die Lebenswirklichkeit in der DDR. Die SED-Spitze versucht gegenzusteuern und installiert Störsender an der Mauer – vergeblich: Radio 100 parkt „Radio Glasnost“ kurzerhand auf wechselnden Sendeplätzen, bis die andere Seite aufgibt.
Die Kritik der SED macht „Radio Glasnost“ erst recht bekannt
Mit einem negativen Kommentar in der Parteizeitung Neues Deutschland macht die SED „Radio Glasnost“ unter ostdeutschen Bürgern erst recht bekannt und schießt damit ein Eigentor. Bis Anfang 1990 informiert „Radio Glasnost“ in 27 Sendungen die Bürger in Ostberlin über die Aktivitäten der Opposition in der ganzen DDR und spielt Musik von offiziell unerwünschten DDR-Liedermachern, Punkbands und Independent-Gruppen.
Heute erinnert vor dem Haus Nr.131 in der Potsdamer Straße eine schmale hohe Stele daran, dass der Sturz der DDR-Diktatur 1989 ohne die Aktivitäten westdeutscher Medien in den spannenden Jahren vor dem Mauerfall kaum denkbar ist.
Besucht doch auch noch andere Orte der Friedlichen Revolution, etwa den Alexanderplatz oder das Haus des Rundfunks, das Dietrich-Bonhoeffer-Haus oder die Gethsemanekirche.