Die Ur-Zelle Marzahns rund um den Helene-Weigel-Platz
Im März 1975 beginnen Baufahrzeuge in den bis dahin beschaulichen Feldern rund um das kleine Dörfchen Biesdorf die Erde zu zerpflügen. In Marzahn - was damals natürlich noch keinen Namen hatte, beginnen die Erschließungsarbeiten für den Bau der Großsiedlung.
Auf dem VIII. Parteitag der SED wird 1971 beschlossen, die „Wohnungsfrage als soziales Problem bis 1990“ zu lösen. In diesem Zusammenhang legen die Planer das Neubaugebiet Berlin-Marzahn fest. Die geplanten neuen Wohnhäuser entstehen in mehreren Abschnitten von Süden nach Norden bis in die späten 1980er Jahre. Jeder der elfgeschossigen Plattenbauten wird in nur 110 Tagen aus vorgefertigten Großplatten montiert. Deshalb ist schon 1977 für das erste neugebaute Wohnhaus in der Marchwitzastraße 41-45 Richtfest. Die ersten Mieter ziehen bereits Ende 1977 ein.
Wie man sieht, ist das Tempo von Anfang an rasant: Allein zwischen Dezember 1978 und Januar 1979 beziehen 15.000 „Neu-Marzahner“ ihre Wohnungen im ersten Wohngebiet. Im Bereich des noch heute so genannten Wohngebietes Marzahn I im Umfeld des kleinen Springpfuhls entstehen über 4.000 Wohnungen bis Ende 1978. Die "neue Stadt" steht damals vor großen Herausforderungen. Welche Stadt verdreifacht schon innerhalb von 10 Jahren ihre Einwohnerzahl. Besonders junge Familien ziehen nach Berlin-Marzahn.
Schnell entwickelt sich Marzahn zum kinderreichsten Bezirk Berlins. Überall drehen sich Krane, während sich bereits die Umzugswagen mühsam den Weg durch die Schlammwüste bahnen. In dieser sogenannten "Gummistiefelzeit" - der Name kommt daher, dass alle Erstbezieher damals zum Schutz ihrer guten Stadtschuhe immer Gummistiefel an den Bahnhöfen und Haltestellen deponieren - gilt es in kürzester Zeit eine Infrastrutur aufzubauen, ja diese regelrecht aus dem Boden zu stampfen. Provisorien sind damals an der Tagesordnung, aber der Bezirk wurde peu a peu immer grüner und wohnlicher. Tausende Marzahner bepflanzen die Flächen zwischen den Häusern und Straßen damals selbst mit Bäumen und Blumen.
Diese Ur-Zelle der Großsiedlung, die sich bis Ende der 1980er Jahre mit hunterttausenden Wohnung bis über die Stadtgrenzen hinaus ausdehnt, ist noch heute erhalten und lässt gut die damalige Utopie erkennen. Ihr Symbol ist die große, vom Bildhauer Alfred Bernau geschaffene, Richtkrone. Vor dem Haus Nummer 68 – zwischen zwei Zehngeschossern auf Höhe der Marchwitzastraße – steht diese zehn Meter hohe Betonskulptur, als Denkmal zur Erinnerung an die Fertigstellung der ersten Häuser des neuen Großbezirks Marzahn.
Gleich daneben befindet sich das schöne Kupferrelief zu Ehren des Weltraumflugs des sowjetischen Fliegerkosmonauten Waleri Bykowski und des deutschen Forschungskosmonauten Sigmund Jähn (1. Deutscher im All) mit dem Raumschiff Sojus 31.
Die große Hauptverkehrsstraße wird 1978 in Anwesenheit der beiden Raumfahrer in Allee der Kosmonauten umbenannt. Auf der anderen Seite der - von den "Ureinwohnern" kurz ADK genannten Straße rund um den Helene-Weigel-Platz finden sich aus der damaligen Zeit noch:
- die Poliklinik von 1979
- das Kino “Sojus” von 1981
- der S-Bahnhof von 1982
- die Schwimmhalle von 1986 und
- das unter Denkmalschutz stehende Rathaus von 1989
Die gesamte Anlage gruppiert sich harmonisch um den malerischen grünen Springpfuhl.