Die Berlinale ist in vollem Schwung: Am Samstag liefen nicht nur spannende Filme in allen Sektionen, es gab Partys und Empfänge, auf denen sich die Filmwelt traf. Festivalglanz wie in alten Zeiten gab es auch am Zoo Palast, als Saoirse Ronin in silbernen Glitzerkleid ihren Film The Outrun vorstellte.
Wettbewerb: Another End
Gepflegte Langeweile verbreitet der Science-Fiction-Film Another End, der im Wettbewerb läuft. In naher Zukunft können die Hinterbliebenen nochmal Abschied von geliebten Menschen nehmen, da die Erinnerungen Verstorbener in einen Host, einen lebenden Menschen eingepflanzt werden – jedoch nur für eine begrenzte Zeit. So kommt dann auch Sals Freundin Zoe, die bei einem Autounfall starb, zu ihm zurück - zwar in einem fremden Körper, aber doch mit den Erinnerungen und Emotionen von Zoe.
Trotz der interessanten Prämisse zerfasert die Handlung immer mehr und tritt irgendwann auf der Stelle. Auch die Vertigo-Volte, die er im zweiten Drittel schlägt und die Auflösung am Ende, die auch niemanden mehr überraschen dürfte, sind wenig hilfreich.
Der Film ist toll besetzt mit Gael García Bernal, Bérénice Bejo und der norwegischen Schauspielerin Renate Reinsve, die schon in Der schlimmste Mensch der Welt begeisterte und auch in Berlinalefilm A Different Man mitspielt. Doch auch die drei können den Film nicht vor der Langeweile retten, die sich im Laufe der Filmes immer mehr einstellt.
Und die Mid-Credit-Szene ist dann einfach auch nur überflüssig …
Panorama: The Outrun
Der Zoo Palast ist eines meiner Lieblingskinos, nicht nur weil er einfach stilvoll schön ist, bequeme Sitze und eine große Leinwand hat, sondern weil hier einfach so viele Erinnerungen an großartige Berlinale-Highlights dran hängen.
Und auch der gestrige Abend hatte einen besonderen Gänsemoment, denn das ganze Saal sang der Regisseurin Nora Fingscheidt ein Geburtstagsständchen.
In ihrem Film The Outrun geht es an den Rand Europas, auf die Orckney Inseln. Hier zieht nach einer Entziehungskur sich die junge Biologiestudentin Rona zurück. Am tosenden Wasser und im ewigen Windsbrausen versucht sie ihren Dämonen zu entkommen und zu heilen. In Rückblenden schneidet die Regisseurin immer wieder zurück in ihr Leben in London, ihre Alkoholexzesse und ihre daran zerbrechende Liebesbeziehung.
Saoirse Ronin ist großartig als Rona, sie ist das Zentrum des Films und trägt ihn in jeder Szene. Auch die ungezähmte raue Natur Orckneys ist in beeindruckenden Bildern festgehalten. In der Erzählung ist der Film jedoch ein zu konventionell gestaltet und mit zu viel Musik unterlegt – hier hätte einfach nur der tosende Wind genug erzählt.
Generation Kplus: Young Hearts
Standing ovations und tosender Applaus: Der belgische Film Young Hearts hat das Generation Kplus-Publikum im Haus der Kulturen der Welt mitgerissen und die Herzen erobert.
Man sollte Taschentücher bereithalten hieß es schon vor dem Film, und tatsächlich gab es in dem Coming-out-Film die ganz großen Gefühle, die doch ganz leicht und ohne unnötigen Pathos verhandelt werden. Wie geht man mit Gefühlen um, die man noch nie so erlebt hat? Wie findet man eine Sprache für diese Gefühle?
Der neue selbstbewusste Nachbarsjunge Alexander löst in Elias diese Gefühle aus und stürzt ihn in ein Wechselbad der Emotionen, aus dem dieser sich nur schwer befreien kann. Elias versucht seine Gefühle für Alexander zu unterdrücken, bis er erkennt, dass er zu ihnen stehen muss. Der Film beruht auf Erlebnissen des Regisseurs Anthony Schatteman, der sogar in seinem Dorf drehte. So gewinnt er eine Wahrhaftigkeit und Zärtlichkeit, die diesen Film zu einem der herausragenden Highlights an diesem Berlinale-Wochenende machen.