AEG am Humboldthain
Hier ist Berlin Elektropolis
In Mitte, zwischen Brunnenstraße, Gustav-Meyer-Allee, Voltastraße und Hussitenstraße erstreckte sich einst eines der größten Berliner Industriegelände: Das Werksgelände des Elektrokonzerns Allgemeine Electricitäts-Gesellschaft (AEG) am Humboldthain.
Auch wenn heute nur nur noch Teile des ehemaligen Industriekomplexes erhalten sind, kann man seine einstige Bedeutung nachempfinden. Die denkmalgeschützte Gesamtanlage mit der beeindruckenden Montagehalle an der Hussitenstraße zeugt von der Bedeutung der Elektroindustrie für die Entwicklung Berlins.
Berlin als Elektropolis
Neben dem Maschinenbau hat vor allem die Elektroindustrie entscheidend die industrielle Entwicklung Berlins geprägt. Ab 1890 bestimmten die in Berlin ansässigen Unternehmen der Elektroindustrie den Aufstieg Berlins als Industriemetropole - Berlin wurde zur Elektropolis! Der rasante Aufstieg der Elektroindustrie wurde vor allem durch den Elektrokonzern AEG bestimmt. Ab 1895 errichtete das Unternehmen innerhalb weniger Jahre auf dem riesigen Areal an der Brunnenstraße ein für damalige Maßstäbe gewaltiges Industriegelände: die Fabriken der AEG am Humboldthain. Dort entstanden elektrisch betriebene Motoren und Maschinen, Eisenbahnmaterial, elektrotechnische Geräte und Installationsmaterial sowie elektrische Haushaltsartikel aller Art.
Deutschlands erste "U-Bahn"
Um das Areal am Humboldthain mit der Apparatefabrik der AEG an der Ackerstraße zu verbinden, wird 1895-97 ein rund 300 Meter langer Tunnel unter der Erde gebaut. Durch ihn fuhren Elektro-Triebwagen und transportierten Arbeiter und Material zwischen den beiden Standorten. Im Grunde ensteht damals die erste "U-Bahn" Deutschlands, wenn auch noch nicht öffentlich. Aber weniger als 10 Jahre später, können alle Berliner U-Bahn fahren - in Kreuzberg, über der Erde, auf eisernen Stelzen.
AEG am Humboldthain
Die ersten Gebäude auf dem AEG-Gelände am Humboldthain stammen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Aus dieser Zeit ist lediglich das 1896 von Architekt Franz Schwechten entworfene sogenannte Beamtentor erhalten. Durch dieses Tor betraten die leitenden Angestellten und leitenden Ingenieure das Werksgelände. Baumeister Schwechten war ein führender Vertreter des Historismus und entwarf unter anderem die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.
Setzte Schwechten für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche auf einen neoromanischen Stil, nutzte er für das Beamtentor gotisierende Elemente: Spitzbögen in Ziegelmauerwerk und Seitentürme erinnern an mittelalterliche Backsteinkirchen. Zahlreiche Ornamente weisen auf die AEG als Elektrizitätskonzern hin. Zum Beispiel Mosaiken mit Blitzen und Sternen oder ein Lebensbaum, der Glühbirnen als Früchte trägt.
Ab 1910 entstehen unter der architektonischen Leitung von Peter Behrens die bis heute größtenteils erhaltenen Industriegebäude. Behrens, Mitbegründer des Werkbundes, ist seit 1907 Künstlerischer Beirat der AEG. Seine Entwürfe zeugen von einem grundlegenden Wandel in der Industriearchitektur und haben eine wegweisende Bedeutung für die Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts.
Behrens findet eine monumentale Bauweise mit strengen, klar geordneten Formen ohne jedes Ornament. Dies zeigt sich schon an seiner ersten Tätigkeit für die AEG: An der Alten Fabrik für Bahnmaterial entfernt er Teile des historistischen Dekors. Sein großer Wurf ist die weltberühmte AEG-Turbinenhalle an der Huttenstraße. Gemeinsam mit dem Bauingenieur Karl Bernhard konzipiert er dort einen eigenen Architekturstil für Industriebauten.
Am Humboldthain muss sich Behrens allerdings anderen Herausforderungen stellen. Seine Neubauten sollen sich in die Gebäude des bestehenden Werksgeländes einfügen. Doch auch hier realisiert er Ideen einer eigenständigen künstlerischen Gestaltung von Industriebauten, die gleichzeitig funktional sind.
Die Hochspannungsfabrik und die Kleinmotorenfabrik sind moderne Stahlskelettbauten. Neben dunkelrotem Backstein verwendet Behrens für die Fassadengestaltung bläulich schimmernde Eisenklinker, die sich noch heute deutlich vom umliegenden Wohngebiet abheben.
Jedoch sind diese Gebäude nicht frei von historischen Anspielungen. Die Hochspannungsfabrik lehnt sich ebenso wie die Turbinenfabrik an der Huttenstraße an die ägyptische Tempelarchitektur an. Noch monumentaler erscheint die Fassade der Kleinmotorenfabrik: 190 Meter lang, jeweils gegliedert durch einen eckigen Pfeiler, auf den sieben halbrunde Pfeiler folgen. Die Inspiration dafür stammt von der Architektur griechischer Tempel.
Eines der beeindruckendsten Gebäue auf dem ehemaligen AEG-Gelände ist die Montagehalle für Großmaschinen. Erbaut 1911/12 nach Plänen von Peter Behrens, gehört sie zu den größten Fabrikhallen Berlins. Vielleicht beeindruckt sie gerade deshalb, weil der Architekt bei der Montagehalle auf jede Monumentalität der Fassadengestaltung verzichtet. Das Gebäude ist sachlich gehalten. Eine Innovation ist das Dach: Inspiriert durch die Pavillons auf den Weltausstellungen überspannt Behrens die Montagehalle mit einem vollverglasten Dach.
Vom AEG-Gelände zum Technologie- und Innovationspark
Bis 1983 wurden in den Fabriken an der Brunnenstraße Elektrogeräte produziert. Nach der Aufgabe des Standorts wurden die Gebäude auf der östlichen Hälfte des Fabrikgeländes abgerissen. Die verbliebenen Fabriken werden heute als Technologie-Park Humboldthain TPH, von Instituten der Technischen Universität, Gewerbebetrieben und Medienunternehmen genutzt. Die Gesamtanlage steht unter Denkmalschutz.
Bauhaus100: Grand Tour der Moderne
Zum 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum im Jahr 2019 entwickelte der Bauhausverbund eine Grand Tour der Moderne, die Architekturfans durch ganz Deutschland führt. Das Gelände AEG am Humboldthain ist Bestandteil dieser Themenroute. Die weiteren Berliner Standorte als
Grand Tour der Berliner Moderne
Hinweise für Fahrradfahrer
Das Gelände der AEG liegt an der Fahrradroute: Tour: Warmes Licht und kühles Bier
Weitere Fahrradrouten finden sind in unseren Tourenvorschlägen
Praktische Infos von visitBerlin
Das Gelände der AEG am Humboldthain erreichen Sie über die U-Bahnstation Voltastraße (U8). Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin Welcome Card.
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