In den 1990er Jahren ist Berlin eine Stadt im Umbruch. Viele Gebäude stehen nach dem Mauerfall leer und werden von Kreativen und Freigeistern besetzt und wiederbelebt. Aus verfallenen Häusern und Industriebrachen werden Zentren kreativer Entfaltung. Viele dieser ikonischen Plätze sind bis heute erhalten und bewahren den rebellischen und experimentellen Geist der 1990er Jahre in Berlin. In diesem Blog stellen wir euch 11 Orte vor, an denen ihr das Flair dieser aufregenden Zeit noch heute erleben könnt.
Tipp: Entdeckt Berlin mit unserer ABOUT BERLIN App. Unser multimedialer City Guide führt euch an die Orte, an denen in Berlin Geschichte geschrieben wurde und lässt historische Momente lebendig werden. Jetzt mit vielen neuen Touren und Highlights rund um Mauerfall und Wendezeit!
Jetzt kostenlos herunterladen.
Tipp 1: Kunsthaus Tacheles - Ein Symbol der 90er-Jahre-Kreativität in Berlin
In den 1990er Jahren
In den 1990er Jahren war das Kunsthaus Tacheles eines der bekanntesten besetzten Gebäude und ein Symbol für den kreativen Aufbruch nach dem Mauerfall. Hausbesetzer:innen retteten das Gebäude, das nach der Wende gesprengt werden sollte, vor dem Abriss und schufen so eine grandiose Kulisse für alternative Kunst, Theater und Installationen.
Heute
Mit dem Fotomuseum Fotografiska ist auch wieder Kunst im Tacheles eingezogen. Zwischen stilvollen Bars und perfekt ausgeleuchteten Ausstellungsräumen findet ihr in den Treppenhäusern noch Graffiti aus der Besetzerzeit.
Wo: Oranienburger Straße 54, Mitte
Tipp 2: Club der Polnischen Versager - Subversive Kunst und Kultur in Berlin-Mitte
In den 1990er Jahren
Der Club der Polnischen Versager entstand in den 1990er Jahren als humorvoller Treffpunkt polnischer Migrant:innen, die sich in Berlin einen Raum für kulturelle und künstlerische Veranstaltungen schufen. Ironie und Provokation standen im Mittelpunkt der Performances, Lesungen und Konzerte, die auch viele Berliner:innen anlockten.
Heute
Der Club existiert weiterhin und bietet ein vielfältiges und unkonventionelles Programm. Die ironisch-subversive Atmosphäre der 1990er spürt ihr hier noch heute.
Wo: Ackerstraße 168, Mitte
Tipp 3: Schokoladen Berlin - Ein alternativer Kulturort mit langjähriger Geschichte
In den 1990er Jahren
Von 1911 bis 1971 wurde hier tatsächlich Schokolade angerührt. Nach unterschiedlichen Zwischennutzungen besetzten in den 1990er Jahren Künstler:innen die ehemalige Schokofabrik, richteten vorne eine Kneipe ein, hinten ein Theater. Gewohnt wurde direkt darüber.
Heute
Zwar konnten die Besetzer:innen des Schokoladen bereits 1991 Mietverträge für fast alle Flächen unterzeichnen – dennoch dauerte es bis 2012, bis die beiden Gebäude in der Ackerstraße langfristig gesichert werden konnten. Beide Clubs, der Schokoladen und der Club der Polnischen Versager nebenan, bieten heute einen spannenden Kontrastpunkt zur mittlerweile doch eher gehobenen Umgebung.
Wo: Ackerstraße 169, Mitte
Tipp 4: E-Werk - ein Berliner Techno-Club mit weltweiter Strahlkraft
In den 1990er Jahren
Das E-Werk war einer der bedeutendsten Techno-Clubs der 1990er Jahre. Andreas Rossmann von der Planet Club Crew entdeckte das ehemalige Umspannwerk, das zu einem der zentralen Orte für elektronische Musik wurde. Hier legten Sven Väth, DJ Hell und Paul van Dyk auf. Massive Attack hatten einen Auftritt und Prodigy spielten beim MTV European Music Award 1994. Alles schien möglich. Zum Abschlussfest im Jahr 1997 tanzten 4000 Gäste drei Tage und Nächte.
Heute
Heute wird das E-Werk vorwiegend als Eventlocation genutzt.
Wo: Wilhelmstraße 43, Mitte
Tipp 5: Kunsthaus Acud - Ein Zentrum für experimentelle Kunst seit den 1990er Jahren
In den 1990er Jahren
Im Wendejahr 1990 eröffneten vier Freunde in leer stehenden Wohnungen in der Rykestraße im Prenzlauer Berg die Galerie ACUD, benannt nach den Anfangsbuchstaben ihrer Namen. Schnell wurde das ACUD zu einem zentralen Ort der freien Kunstszene in Berlin. Etwas später, als die Räume schon zu klein wurden, durfte sich der Verein nach Gesprächen mit Wohnungsbaugesellschaft und Bezirksamt eines von 50 zur Auswahl stehenden, leeren Wohnhäusern aussuchen. Seitdem bietet das Acud in der Veteranenstraße 21 Raum für experimentelle Kunst, Theater, Musik und Filmvorführungen.
Heute
Das Acud besteht bis heute als unabhängiges Kulturzentrum, das den alternativen und experimentellen Geist der 1990er Jahre weiterträgt. Hier könnt ihr Kunst sehen, ins Kino gehen und ein Stück unkonventionelles Berlin erleben.
Wo: Veteranenstraße 21, Mitte
Tipp 6: Tresor - Geburtsstätte der globalen Techno-Kultur
In den 1990er Jahren
Wie sich das wohl angefühlt hat damals, in den Keller des seit Jahrzehnte leerstehenden Wertheim-Kaufhauses zu steigen und dort einen Tresorraum aus dem Jahr 1926 vorzufinden? Eines war den Urvätern der Berliner Technoszene sofort klar: Hier ziehen wir ein. Drei Monate später öffnete der legendäre Tresor als erster Techno-Club in Berlin und wurde mit seinen harten Beats schnell zum internationalen Aushängeschild für Berlins Techno-Szene.
Heute
2007 zog der Tresor in das ehemalige Heizkraftwerk in der Köpenicker Straße um. Einige originale Elemente des alten Clubs, wie die Schließfächer, wurden in die neuen Räume integriert, die auch durch ihren rauen Industriecharme beeindrucken. Neben Techno findet ihr hier heute Kunstaustellungen, Performances und Lichtshows. Bis heute ist der Tresor eine Ikone der internationalen Techno-Szene. Die originale Tür des Tresor findet ihr in Berlin Global, einer Ausstellung im Humboldt Forum.
Tipp: Hört rein in unsere Berlin Unboxed-Episode, in der wir mit dem Gründer des legendären Tresor Clubs, Dimitri Hegemann, über Freiräume, Clubkultur und Ideen für die Zukunft sprechen.
Wo: Köpenicker Straße 70, Mitte
Tipp 7: Haus der Demokratie und Menschenrechte - Ort der politischen Bewegungen in Berlin
In den 1990er Jahren
Nach dem Mauerfall wurde das ursprüngliche Haus der Demokratie in der Friedrichstraße 165 zu einem wichtigen Ort für Bürgerrechtsbewegungen und politischen Diskussionen. Es wurde im Dezember 1989 vom Zentralen Runden Tisch der DDR aus dem SED-Parteivermögen an die ostdeutschen Bürgerbewegungen übergeben. Viele der wichtigsten Organisationen der Wendezeit wie der Demokratische Aufbruch (DA), das Neue Forum (NF), und die Initiative für Frieden und Menschenrechte (IFM) bezogen hier ihre Büros.
Heute
Noch in den 1990er Jahren zog das „Haus der Demokratie“ nach einem langjährigen Streit über Eigentumsrechte in die Greifswalder Straße um. Als Amnesty International dort seine Büros eröffnete, wurde es in Haus der der Demokratie und Menschenrechte umbenannt. Bis heute bietet es Raum für politische Initiativen, NGOs und Veranstaltungen und ist ein Zentrum für politische Bewegungen und Menschenrechtsinitiativen.
Wo: Greifswalder Straße 4, Prenzlauer Berg
Tipp 8: Kulturbrauerei - Kultur und Geschichte auf dem ehemaligen Brauereigelände
In den 1990er Jahren
Die Kulturbrauerei wurde nicht besetzt. Nach der Wende 1990 übernahm die Treuhand das verfallende Gelände der ehemaligen Brauerei. Bereits ein Jahr später begann die kulturelle Belebung mit der Gründung der „KulturBrauerei gGmbH“. Trotz vieler Interessenten blieb das Gelände zunächst unverkauft, bis die Treuhandliegenschaftsgesellschaft als Bauherr ein Nutzungskonzept entwickelte und einen Mix aus gemeinnütziger und kommerzieller Nutzung festlegte, einschließlich Ateliers, Galerien, Büros, Gastronomie und Einzelhandel. Bis 1997 waren bereits zwei Drittel der Flächen vermietet.
Heute
Bis heute ist die Kulturbrauerei ein lebendiges Kulturzentrum mit einer Mischung aus Konzerten, Märkten, Gastronomie und Kulturveranstaltungen. Die denkmalgerechte Sanierung wurde in den 1990er Jahren von der unteren Denkmalschutzbehörde begleitet und verleiht dem ganzen Gelände der ehemaligen Brauerei, deren Wurzeln bis in die 1860er Jahre zurückreichen, einen ganz besonderen Charme.
Wo: Schönhauser Allee 36, Prenzlauer Berg
Tipp 9: Haus Schwarzenberg - Unkonventionelle Kunst und Geschichte im Herzen Berlins
In den 1990er Jahren
Das Haus Schwarzenberg, versteckt in einem von Street Art geschmückten Hinterhof gleich neben den Hackeschen Höfen in der Rosenthaler Straße, wurde in den 1990er Jahren zu einem Symbol für alternative Kultur in Berlin. Da schnell ein Nutzungsvertrag geschlossen werden konnte, etablierte sich hier ein geschützter Raum für Berlins Kreative und Freigeister, die dort bis heute als Verein ihre Ideen umsetzen.
Heute
Neben dem Neurotitan und weiteren Galerie, dem Kino Central, dem Monsterkabinett mit seinen Automatenkreaturen und der ehemaligen Vereinsbar Eschschloraque Rümschrümp, findet ihr hier im Hinterhof auch das Anne Frank Zentrum. Bis heute ist das Haus Schwarzenberg ein Zentrum für unkonventionelle Kunst und Kultur, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschmelzen.
Wo: Rosenthaler Straße 39, Mitte
Tipp 10: Kunstmeile Auguststraße - Wo Berlins zeitgenössische Kunstgeschichte begann
In den 1990er Jahren
Nach dem Mauerfall wurde die Auguststraße zu einem Zentrum der Berliner Kunstszene. Nach der Wende zogen zahlreiche Galerien und Ateliers in die leerstehenden Gebäude ein, und die Straße wurde zum kreativen Schmelztiegel. Besonders Orte wie die Kunst-Werke (KW), die Klaus Biesenbach 1991 gemeinsam mit einer Gruppe Studierender in einer ehemaligen, baufälligen Margarinefabrik gründete, spielten eine zentrale Rolle in der neuen Berliner Kunstbewegung. Nach und nach wurde das denkmalgeschützte Gebäude in den 1990er Jahren saniert. Ein Highlight ist der ikonische Glaspavillon des Café Bravo im Innenhof, den der US-amerikanischen Künstler Dan Graham entworfen hat.
Heute
Weiterhin zeigt das KW Institute for Contemporary Art zeitgenössische Kunst in Berlin. Außerdem ist das KW noch immer Sitz der Berlin Biennale, die seit 1996 alle zwei Jahre an verschiedenen Orten in Berlin zeitgenössische Kunst und experimentelle Formate präsentiert. Die nächste und 13. Berlin Biennale findet von Juni bis September 2025 statt und wird von Zasha Colah kuratiert.
Wo: Auguststraße 69, Mitte
KW Institute for Contemporary Art
Tipp 11: East Side Gallery – Kunst & Geschichte vereint auf dem längsten Stück Berliner Mauer
In den 1990er Jahren
Die East Side Gallery entstand 1990, kurz nach dem Fall der Berliner Mauer. Künstler:innen aus aller Welt bemalten das längste noch erhaltene Stück der Mauer, das sich entlang der Spree erstreckt. Die 1,3 Kilometer lange Freiluftgalerie wurde zu einem Symbol für Freiheit, Hoffnung und die Überwindung des Kalten Krieges. Kunstwerke wie das berühmte „Bruderkuss“-Gemälde von Dmitri Vrubel sind heute weltbekannt und Teil des kollektiven Gedächtnisses der Wiedervereinigung.
Heute
Die East Side Gallery ist nicht nur ein Denkmal, sondern auch eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Berlins. Die Kunstwerke wurden in den letzten Jahren restauriert, und die Mauer zieht täglich Tausende von Besucher:innen an, die das Erbe der 1990er Jahre und die Geschichte der Stadt entdecken wollen.
Wo: Mühlenstraße, Friedrichshain