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Güterdampflok ELSE der Dampflokfreunde Berlin im Bahnbetriebswerk Schöneweide
Güterdampflok ELSE der Dampflokfreunde Berlin © Foto: DLFB/Bajohra

Dampflokomotiven im Bahnbetriebswerk Schöneweide

Mit Volldampf in die Zukunft

Wo die Reichsbahn früher Dampflokomotiven instand setzt, entsteht heute ein vielfältig nutzbares Gelände in historischer Kulisse.

Lautes Zischen, eine weiße Dampfwolke und schon setzt sich die riesige, schwarz-rote Lokomotive ratternd in Bewegung.
Auch wenn die meisten Menschen heute mit elektrischen Zügen unterwegs sind, üben dampfbetriebene Eisenbahnen immer weiter eine starke Faszination aus: die Geräusche, die Technik, die schweißtreibende Arbeit, das alles trägt zum Mythos Dampflok bei. 

In Niederschöneweide finden Sie Berlins einziges baulich vollständig erhaltenes Bahnbetriebswerk. Hier halten die Mitglieder des Vereins Dampflokfreunde Berlin e.V. historische Dampfloks und Wagen instand. Darüber hinaus bieten sie Besuchern an, selbst an einer historischen Zugfahrt teilzunehmen. Bei einem Besuch vor Ort haben Sie damit die einmalige Möglichkeit, in ein Stück gelebte Industriegeschichte einzutauchen. 

Bahnbetriebswerk Schöneweide

Die Entstehung eines Reisedrehkreuzes

Zwei Jahre nach Eröffnung der Bahnstrecke Berlin-Cottbus entsteht 1868 der Haltepunkt „Neuer Krug“ am heutigen Bahnhof Berlin-Schöneweide. Östlich davon entsteht ein Verschiebebahnhof, an dem die Wagen an Lokomotiven angehängt und zu Zügen zusammengestellt werden. 
Über die nächsten Jahrzehnte steigt der Verkehr immer weiter an, bis 1904 auf das Fünffache. Der Bau eines neuen Bahnbetriebswerks zur Wartung und Reparatur von Lokomotiven und Triebwagen ist dringend notwendig. Dafür wird der Verschiebebahnhof ab 1902 erweitert und umgebaut, 1906 geht der Betriebsbahnhof Schöneweide in Betrieb. 
Er hat überregionale Bedeutung: Hier treffen ab jetzt Waggons aus verschiedenen Richtungen zusammen. So stellt der Bahnhof die Versorgung der Industrie sicher und dient als Reisedrehkreuz. Fast 100 Jahre lang ist der Rangierbahnhof Schöneweide in Betrieb, 1998 schließt ihn die Deutsche Bahn AG endgültig.
Seit Mitte der 1990er Jahre ist der Verein Dampflokfreunde Berlin e.V. auf dem Gelände ansässig. 

Architektur der Anlage 

Bei einem Besuch am Betriebsbahnhof Schöneweide ist er noch heute das architektonische Highlight der Anlage: der halbkreisförmige Ringlokschuppen, in dem bei höchster Auslastung bis zu 20 Lokomotiven Platz finden. Bei der Eröffnung des Betriebsbahnhofs hat er ursprünglich nur 12 Lokomotivstände. Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens folgen 1908 und 1913 Erweiterungen bis zur heutigen Zahl von 20 Ständen. 

  • Der Ringlokschuppen ist mit gelben Klinkern verkleidet, die bogenförmigen Toröffnungen auf der Innenseite sind durch rotbraune Ziegel abgesetzt.  
  • Vor dem Ringlokschuppen ist eine 23 m lange Drehscheibe installiert. Sie ermöglicht die Verteilung der in den Schuppen lagernden Lokomotiven auf die sternförmig angeordneten Gleise. 
  • Weithin sichtbar ist auch heute noch der historische Wasserturm von 1906. Während der aktiven Nutzung des Betriebsbahnhofs enthält er Frischwasser für die Dampfkessel der Lokomotiven. Ein mit roten Ziegeln verkleideter Turmschaft trägt den ausladenden Wassertank mit einem Füllvolumen von 250 Kubikmetern Wasser. Den Abschluss bildet ein hervorstehendes, kegelförmiges Dach mit kleinem Dachreiter. Nach einer zweijährigen Sanierung erstrahlt der Wassertank 2021 in neuem Glanz. 


Neben den Bahnanlagen gehören noch weitere Gebäude zu dem vier Hektar großen Areal: Zum Beispiel das Klinker-verkleidete Dienstgebäude mit Fachwerkgiebel, das Sanitätsgebäude und das zweigeschossige, klar gegliederte Übernachtungsgebäude. 

Verein Dampflokfreunde Berlin

Der Verein „Dampflokfreunde Berlin e. V.“ ist ein Zusammenschluss von ehemaligen Bahnern und Eisenbahn-Fans, der seit 1991 auf dem Gelände des Betriebsbahnhofs Schöneweide aktiv ist. Es ist dem Verein gelungen, insgesamt fünf historische Lokomotiven vor der Verschrottung zu retten und wieder instand zu setzen. 

Prunkstück der Sammlung ist „Else“, eine Güterzugdampflok aus Potsdam, Baujahr 1944. Offiziell als Loknummer 52 8177 bezeichnet, ist sie ursprünglich als Kriegslok für die Ostfeldzüge gedacht. Später zieht sie stattdessen schwere Güterzüge. 
1992 gibt es Pläne bei der Deutschen Reichsbahn, Else zu verschrotten. Mehrere Lokführer schließen sich zusammen und verhindern dies, seitdem ist sie ein 1600 PS starkes Zugpferd bei den Dampflokfreunden. 
Dauerleihgaben des DB Museums Nürnberg gehören ebenfalls zur Sammlung des Vereins, darunter eine in Rumänien gebaute Diesellok und die Wagen eines historischen Schnellzugs.  

Bahnbetriebswerk Schöneweide

Technik der Dampfloks

Die Technik einer Dampflok wie „Else“ funktioniert im Prinzip genauso wie seit der Frühzeit der Eisenbahnfahrt im 19. Jahrhundert: Kohlen fachen ein Feuer an, welches wiederum für Dampf im Kessel sorgt. Die erzeugten 16 Bar Druck werden als Kraft an das Getriebe weitergegeben. 
Doch damit alles ordnungsgemäß und sicher abläuft, müssen Else und die anderen Loks des Vereins alle 8 Jahre zur Hauptuntersuchung. Sitzen alle Bleche und Schrauben fest, stimmt der Druck im Kessel? Die Prüfung ist umfangreich – und kostspielig, weshalb der Verein auf Spenden angewiesen ist. Darüber hinaus nehmen die Dampflokfreunde das nötige Geld über ihre zahlreichen Angebote für Besucher ein. 

Angebote des Vereins „Dampflokfreunde Berlin“

Zwei Mal im Jahr lädt der Verein Technikbegeisterte, Dampflok-Fans und Familien zu großen Festen ein: zum Frühlingsfest und zum Eisenbahnfest. Bei dieser Gelegenheit können alle Besucher das über 100 Jahre alte Industriegelände erkunden.  Zum Tag der offenen Tür finden einmal im Monat auch Führungen statt. 
Bei einer der regelmäßigen Nostalgiefahrten können Sie selbst erleben, wie es ist, mit einer historischen Dampflok zu fahren. Ziele sind zum Beispiel Dresden, der Harz oder Warnemünde. 

Berliner Stadtrundfahrt in historischen Zügen

Klassenunterschiede machen sich dabei originalgetreu schon im Komfort bemerkbar: von den harten Sitzbänken der „Holzklasse“ bis zu den weichen Sitzpolstern der 1. Klasse ist alles mit dabei. Auch die Stadtrundfahrten auf der Ringbahn, bei der selbst Einheimische noch einiges Neues über Berlin erfahren, erfreuen sich großer Beliebtheit. 

Ein besonderes Highlight:

  • Die Fahrt im Mitropa-Speisewagen aus den 1930er Jahren. Zwischen ledergepolsterten Sitzen und Kristall-Trennwänden kommt echtes Orientexpress-Gefühl auf. 


Im Ringlokschuppen finden darüber hinaus regelmäßig kulturelle Events statt: bei Theaterinszenierungen, Lesungen, Konzerten und privaten Feiern bietet das historische Industriegebäude einen stimmungsvollen Hintergrund. 

Um Nostalgiefahrten zu buchen und mehr über die Veranstaltungen auf dem Gelände zu erfahren, informieren Sie sich auf der Webseite des Vereins: www.berlin-macht-dampf.com

Nostalgiefahrten 2020 - Fahrplan als PDF 

 

Zukunft des Geländes 

Die Sanierung des Wasserturms stellt nur den Anfang der umfangreichen Baumaßnahmen auf dem Gelände des Betriebsbahnhofs Schöneweide dar. Für die kommenden Jahre ist darüber hinaus die denkmalgerechte Sanierung und Renovierung des Ringlokschuppens geplant. 

Nach Umbau und Sanierung sind in Zukunft auch das Dienst- und Übernachtungsgebäude nutzbar. Neben Seminarräumen der internationalen Jugendbauhütte, dem freiwilligen sozialen Jahr im Bereich Handwerk und Denkmalpflege, wird es auch Übernachtungsmöglichkeiten für die Absolventen geben. 
Im Übernachtungsgebäude, früher ein Nachtquartier für Lokführer, entstehen ebenfalls neue Räumlichkeiten für Jugend- und Schulgruppen. Geplant ist auch, Übernachtungen in zwei historischen Schlafwagen zu ermöglichen. 
Im Außenbereich ist unter anderem das „Forum am Wasserturm“ mit Terrasse und Café vorgesehen. Hier können Sie in Zukunft entspannen und die ganz besondere Atmosphäre dieses lebendigen Industrie-Denkmals genießen. 

Bahnbetriebswerk Schöneweide

Unsere Tipps rund um den Betriebsbahnhof Schöneweide

  • Kabelwerk Oberspree KWO
    Mehr Industriearchitektur finden Sie in Oberschöneweide, auf der anderen Seite der Spree. Das imposante Gebäude des Kabelwerks Oberspree ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Nehmen Sie dafür von der Haltestelle Johannisthal die S-Bahn-Linie S8, S9, S45 oder S46 für eine Station bis zum S-Bahnhof Schöneweide. Von dort nehmen Sie die Tram-Linie 27, 60 oder 67 für vier Haltestellen bis zur Haltestelle Rathenaustraße/HTW. Im Anschluss laufen Sie noch 80 Meter zu Fuß in die Wilhelminenhofstraße 76. 
     
  • Peter Behrens Bau
    Nur 450 Meter entfernt vom Kabelwerk Oberspree finden Sie in der Ostendstraße 1-4 den Peter-Behrens-Bau, der eng mit der Geschichte der Automobilindustrie in Berlin verknüpft ist. 
     
  • Industriesalon Schöneweide
    Runden Sie Ihren Spaziergang zur Industriegeschichte mit einem Besuch im Industriesalon Schöneweide in der Reinbeckstraße 9 ab. Hier erfahren Sie mehr über die Geschichte des ehemals wichtigen Industriestandorts Schöneweide. Fahren Sie dafür mit der Tram-Linie 27, 60, 61 oder 67 bis zur Haltestelle Firlstraße. Von hier laufen Sie 450 Meter zum Industriesalon. Im Café Schöneweile direkt nebenan können Sie sich mit Kaffee, Kuchen und Bagels stärken. 

 

Praktische Infos von VisitBerlin 

Zum Bahnbetriebswek Schöneweide nehmen Sie die S-Bahn-Linie 9 oder 45 in Richtung Flughafen Berlin-Schönefeld oder die S-Bahn-Linie 46 in Richtung Königs Wusterhausen. Steigen Sie an der Haltestelle Johannisthal aus und nutzen Sie die Brücke über die Bahngleise, um zum Bahnbetriebswerk Schöneweide zu kommen.

Um die Stadt zu erkunden, empfehlen wir für den öffentlichen Nahverkehr die Berlin WelcomeCard.