Bunte Fassaden: Murals in Marzahn-Hellersdorf
Das Ende der Grauzone
2019 verwanden Urban Artists beim Berlin Mural Fest schon zum zweiten Mal die Hauptstadt in eine riesige Kunstgalerie. Mit ihren riesigen Wandgemälden zieren international bekannte und in Berlin ansässige Urban Art Künstler Fassaden und Hauswände, diesmal auch - und vor allem - im Bezirk Marzahn-Hellersdorf, wo vor allem Fassaden von DDR-Plattenbauten als urbane Leinwände dienen.
Siegeszug der urbanen Kunst
Die Murals sind so verschieden wie die Künstler selbst: manche bedecken die gesamte Fläche, andere nur einen Teil. Viele sind bunt und bringen Farbe in die Straßen, manche sind auch streng in schwarzweiß gehalten. Comic-Style, Stencil-Graffiti, Text-Elemente, abstrakte Formen, der Fantasie sind bei den Berliner Wandmalereien keine Grenzen gesetzt.
Seit der Jahrtausendwende hat die Wandmalerei einen Siegeszug um die ganze Welt angetreten. Neben Street Art à la Banksy ist dabei auch Fassadenkunst zu einem globalen Phänomen geworden. Die gefragtesten Muralisten erhalten von überall her Aufträge, den öffentlichen Raum mit ihrem unverwechselbaren Stil zu gestalten. Nach und nach feiern immer mehr Städte die urbane Kunst mit offiziellen Festivals, vom Upfest in Bristol über das MURAL Festival in Montreal bis hin zum Berlin Mural Fest.
Das Ende der Grauzone
Das Motto für das Berlin Mural Fest 2019 lautet „das Ende der Grauzone“, und das ist keine Übertreibung: mit ihren farbenfrohen Murals verändern die teilnehmenden Urban Street Artists das Berliner Grau in Grau und machen die Stadt zu einem bunteren Ort. Die Hauswände der Hauptstadt bieten perfekte Bedingungen, um mit Farben und Formen zu experimentieren.
Das Berlin Mural Fest bringt in seiner zweiten Auflage einige Neuerungen mit sich: neben der Eroberung neuer Räume in den Außenbezirken Berlins setzen die Veranstalter verstärkt auf digitale Technik, um die Murals zu ergänzen.
Eine App zum BMF gibt es seit 2018, seit 2019 können Besucher die Murals mittels Augmented-Reality-Funktion zum Leben erwecken. Darüber hinaus können sich Nutzer der App Making-Off Videos ansehen, um den Schaffensprozess der einzelnen Murals mitzuerleben.
Tipp: Mit unserer kostenlosen ABOUT BERLIN App können Sie auf eigene Faust auf Street Art-Tour gehen. Außerdem finden Sie spannende Hintergrundgeschichten zu den Murals sowie den Streetartists, die sich in Berlin verewigt haben.
Marzahn wird bunt
- Die Murals des spanischen Künstlers Okuda San Miguel dürften zu den farbenfrohesten des BMFs gehören. Seine Motive sind Menschen, Tiere und Mischwesen, die er aus regenbogenfarbenen geometrischen Flächen zusammensetzt. Er bezeichnet seinen Stil als Pop-Surrealismus und lässt sich von der Kunst verschiedener Kulturen inspirieren. Inhaltlich möchte er den Zauber animalistischer Vorstellungen heraufbeschwören, den Gedanken, dass Tiere und Menschen eine spirituelle Verbindung miteinander haben. Sein Berliner Mural entsteht am Murtzaner Ring 31 in Marzahn.
- Eine international bekannte Künstlerin mit deutschen Wurzeln arbeitet in der Alten Hellersdorfer Straße 133. MadC, alias Claudia Walde, stammt ursprünglich aus Bautzen und hatte ihre Anfänge, wie viele andere Urban Artists, als Sprayerin. Obwohl sie in der Vergangenheit auch fotorealistisch gesprüht hat, sind ihre jüngeren Arbeiten abstrakt. Sie interessiert sich in ihrem Werk für Transparenz und Überlagerungen von Farben. Zuletzt gestaltete sie die Innenräume eines stillgelegten Flughafenterminals in Dresden und ein Hochhaus in Jersey City.
- Nur wenige Häuser weiter, in der Alten Hellersdorfer Straße 129, kooperieren die Dixons mit dem 3D-Videokünstler extraweg. Das Besondere: extraweg entwickelt eine digitale und animierte Version des Dixons-Murals, so dass Besucher sie über die BMF-App zum Leben erwecken können.
Mexikanische Motive und Fotorealismus in der Märkischen Allee
- Die Märkische Allee verschönern gleich zwei Urban Artists. Die Hausnummer 158, einen mit kleinen quadratischen Fliesen verkleideten Plattenbau, gestaltet die mexikanische Künstlerin Adry del Rocio. Del Rocio, die auch preisgekrönte 3D-Straßenbilder entwirft, schöpft für ihre Kunst nicht selten aus Motiven ihres Heimatlandes. Frauen- und Männerporträts mit aztekisch inspiriertem Kopfschmuck, Geckos, Kaktusblüten und geisterhaft geschminkte Gesichter, wie man sie am Día de los Muertos sieht.
- In der Märkischen Allee 164 verewigt sich Akut, die männliche Hälfte von Herakut, eines 2004 gegründeten Street Art-Paares. Zusammen mit Hera hat Akut schon 2018 am BMF teilgenommen und ein Mural in der Luckauer Straße 14 gestaltet. Typische Bestandteile ihrer Arbeit sind verspielte, fotorealistische Motive in Verbindung mit Textelementen: das Mural vom letzten Jahr zeigt ein Mädchen in einem Bären-Hoodie, die Fenster der Fassade sind Teil eines Bauklötzchen-Turms geworden. Daneben die Message: „My home might be no palace. But we can share it if you like”.
Alte, Neue und Klassische Motive
- Ebenfalls in Hellersdorf, in der Ludwigsfelder Straße 14, entsteht eine neue Arbeit von einem Künstler, der eines von Berlins bekanntesten Murals geschaffen hat: der Franzose Victor Ash, dessen 2007 entstandenes Wandbild Astronaut/Kosmonaut in der Oranienstraße 195 längst zu einer Kreuzberger Sehenswürdigkeit geworden ist. Nun folgt ein zweiter Astronaut/Cosmonaut im Osten der Stadt. In unmittelbarer Nachbarschaft sprayt Boogie, Graffiti-Künstler aus Berlin. Boogie ist vorrangig ein Writer, das heißt er gestaltet Schriftzüge. Oft verewigt er seinen Namen in immer neuen Varianten.
- Eher im Stadtzentrum liegen die Arbeiten von Aryz, Pichi Avo und Smug One. Der spanische Künstler Aryz, dessen Markenzeichen der Einsatz von pastelligen Farben ist, malt in der Friedrichstraße 9. In den letzten Jahren erinnern seine Bilder mit ihren einfarbigen Flächen und Darstellungen menschlicher Körper an neorealistische Kunst. An der Wand neben Aryz arbeiten Pichi Avo, zwei Künstler aus Spanien, die seit 2007 zusammen sprayen. In ihren Werken verbinden sie Graffiti-Tags mit fotorealistischen klassischen Motiven, wie griechischen Statuen.
- Smug One, der ursprünglich aus Australien stammt und heute in Schottland lebt, sagt, dass seine künstlerische Entwicklung von Tags über Charaktere im Comic-Style bis hin zu fotorealistischen Abbildungen wie von selbst ablief. In seinen Bildern sind oft Menschen und Tiere in trauter Harmonie zu sehen: zum Bespiel in einem Mural in Glasgow, bei dem sich ein Rotkehlchen auf der Hand eines Mannes niedergelassen hat. Sein Berliner Wandbild entsteht in der Manteuffelstraße 70 in Kreuzberg.
Geschichte des Berlin Mural Fests
2018 richtete die Street Art Gruppe The Dixons zum ersten Mal ein Mural Fest in Berlin aus. Ab Ende Mai 2018 verwandelten Urban Artists mit der Hilfe von Baugerüsten, fahrbaren Hebebühnen und jeder Menge Farbe Berliner Fassaden in riesige Kunstwerke. Die meisten dieser Murals sind in Kreuzberg, Friedrichshain und Moabit zu finden.
Zu den Künstlern von 2018 gehörten fest etablierte Größen der Berliner Street Art Szene. Die Dixons nahmen selbst teil, in der Mühlenstraße 6 nahe der Oberbaumbrücke ist ihr Mural mit einer Figur im Comic-Stil zu finden. El Bocho, einer der bekanntesten Street Artists der Hauptstadt, gestaltete in der Holzmarktstraße 25 eine Wand mit einem wiederkehrenden Motiv aus seinem Werk: überlebensgroße Portraits, die ihrem Stil nach an Pop Art erinnern. Oft stellt El Bocho Mädchen und Frauen mit wilden, bunten Haaren dar, die den Betrachter unverwandt anblicken, so auch in der Holzmarktstraße.
Lassen Sie sich von unserer ABOUT BERLIN App inspirieren
Wo finden Sie die schönsten Murals Berlins? Welche Geschichten stecken hinter den Murals? Welche Streetartists waren beteiligt? Und welche Botschaften wollen sie mit ihren Werken vermitteln? Antworten auf diese Fragen finden Sie auf unserer kostenlosen ABOUT BERLIN App. Neben mehreren Street Art-Touren inklusive Wegbeschreibungen finden Sie hier Videos und interpretierende Hörbücher. Lassen Sie sich die Details der Wandgemälde erläutern und tauchen Sie ein in die Street Art-Szene Berlins. Jetzt kostenlos fürs fürs iPhone und Android herunterladen.
Es gibt viel zu erzählen. ABOUT BERLIN.