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Starke Geschichten: das Tempelhofer Feld in Berlin

Freiheit, Fortschritt und bewegende Momente

Tempelhofer Feld
© visitBerlin

Große Parkanlagen inmitten von Millionen-Metropolen – das ist keine Seltenheit. Die riesige Freifläche des Tempelhofer Felds im Süden des Stadtzentrums von Berlin ist jedoch einzigartig. Und seit der „Luftbrücke“ 1948/49 Symbol der Freiheit.

Der Englische Garten in München, der Central Park in New York, der Hyde Park in London oder auch der Tiergarten in Berlin - alle wurden irgendwann als Parklandschaften angelegt und sind es bis heute geblieben.
Nicht so das Tempelhofer Feld: Die riesige Freifläche von rund 350 Hektar hatte nie eine für alle Zeiten festgelegte Bestimmung. Hier jagte kein König, wird auch heute keine Kunstlandschaft gepflegt. Dafür skaten heute Erholungssuchende über ehemaligen Flugbahnen, ein Meer aus Gras ist über das geschichtsträchtige Gelände gewachsen.

Tempelhofer Feld
Tempelhofer Feld in Berlin © Lichtschwärmer, Foto: Christo Libuda

Durch Jahrhunderte hindurch sind die Bedürfnisse der Stadt und seiner Bewohner*innen der Kompass, nach dem sich die Nutzung orientiert. Das Tempelhofer Feld ist daher ein Spiegel der wechselvollen Geschichte Berlins – der starken Geschichten von Fortschritt, Freiheit und Weltöffentlichkeit, aber auch der leidvollen und dramatischen Momente der Stadt.
Wir wollen euch heute diese Geschichten erzählen und freuen uns, wenn ihr ein bisschen Lust zum Schmökern mitbringt….

Ackerland, Militärplatz, Eisenbahnstation, Pferderennbahn, Fußballfeld, Picknickwiese….

In seiner Frühzeit gleicht das „große Feld“ einem Wimmelbild:
Im 17. Jahrhundert wird es noch als Ackerfläche von Schöneberger Bauern gepflügt und bearbeitet. Doch schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts marschieren hier die Truppen des preußischen Königs: Das Tempelhofer Feld ist Exerzierplatz des Militärs geworden. Parallel dazu finden hier in den 1830er Jahren äußerst beliebte Pferderennen statt - bevor das Feld mit dem Einsetzen der Industrialisierung zum Verkehrsknotenpunkt für den deutschen Eisenbahnverkehr mutiert. Ein paar Meter weiter wird übrigens bis weit ins 20. Jahrhundert hinein gepicknickt und gekickt: Der erste Fußballverein Berlins, der BFC Frankfurt 1885, trägt hier ebenso wie der älteste noch existierende Berliner Verein, der BFC Germania 1888, seine Heimspiele aus. Feste Spielfelder gibt‘s erstmal nicht, nur beliebig gesetzte Markierungen. 1912 zählt man 32 Spielfelder, die per Los verteilt werden. 1924 wird auf dem Tempelhofer Feld schließlich ein großes Sportstadium gebaut, das 40.000 Fußballfans Platz bietet.

… und ein Stück Luftfahrtsgeschichte

Während die ersten Berliner Fußballvereine auf dem Tempelhofer Feld um Siege ringen, wird am gleichen Ort deutsche Luftfahrtsgeschichte geschrieben. Weite Freiflächen in einer pulsierenden Großstadt laden zum Ausdenken und Ausprobieren großer Ideen ein. Und so wird mutig, aber auch waghalsig experimentiert:
„Ich möchte probieren, ob ich von dieser langweiligen Erde loskommen kann“, schreibt der Schweizer Maler Arnold Böcklin und montiert im August 1883, zusammen mit Soldaten des Eisenbahn-Regiments, zwei Gleitflieger. Das Experiment endet in Trümmern: Windböen reißen den Flugzeugen die Flügel ab und zerstören sie.
In den 1890er Jahren wird das Feld zum Vorführungsort für verschiedene weitere Flugexperimente, von denen zwei tödlich enden: Ein Luftschiff geht in Flammen auf und stürzt mit seinem Erfinder ab, ein anderes steigt zunächst auf eine Höhe von 400 Metern, geht dann aber bei einer Notlandung zu Bruch. Solch tragische Ereignisse wechseln mit bedeutenden wissenschaftlichen Erfolgsmomenten:

Ballon Barbara und Ballon Preußen

Aus dem Ballon Barbara werden 1886 die ältesten bekannten deutschen Luftbildaufnahmen gemacht. Im Jahre 1901 ist das Tempelhofer Feld Bühne für einen Weltrekord, der 30 Jahre lang nicht gebrochen wird: Die Meteorologen Berson und Süring steigen im Ballon Preussen in unbekannte Höhen auf. Sie erreichen auf einer spektakulären Fahrt, auf der beide ohnmächtig werden, im offenen Ballon eine Höhe von 10,8 Kilometern und bringen bedeutende Hinweise auf die Existenz der Stratosphäre mit, deren Erforschung ein Jahr später einsetzt.

Menschliches Leid und große Rettungsaktionen

Im 20. Jahrhundert ist das Tempelhofer Feld Schauplatz sowohl für großes menschliches Leid, als auch für Rettungsaktionen von weltgeschichtlicher Dimension:

In den dunklen Zeiten nationalsozialistischer Herrschaft befindet sich auf dem Tempelhofer Feld ein Gefangenenlager der SS und der Gestapo. Hier steht zwischen 1934 und 1936 auch das einzige offizielle Konzentrationslager der SS in Berlin, das KZ Columbia. Seit 1936 bauen die Nationalsozialisten an einem neuen großen Flughafen mitten auf dem Tempelhofer Feld, der einen kleineren aus den 1920er Jahren ersetzen soll. Spätestens 1940 dient das gesamte Gelände jedoch ausschließlich der Rüstungsindustrie. Tausende von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern hausen mit ihren Familien hier in notdürftigen Baracken und montieren die berüchtigten Sturzkampfbomber.

Szenenwechsel nach dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft: Durch die „Luftbrücke“ rückt das Tempelhofer Feld in das Licht der Weltöffentlichkeit und erlangt unauslöschlichen Ruhm als Symbol der Freiheit.
In der Nacht zum 24. Juni 1948 sperren sowjetische Truppen sämtliche Zufahrtswege nach West-Berlin. Die Blockade West-Berlins ist der erste Höhepunkt des Kalten Krieges. Auf einen Schlag sind 2,1 Millionen Menschen in West-Berlin isoliert und von der täglichen Versorgung abgeschnitten. Die Westmächte entschließen sich, den Sowjets die Stirn zu bieten: In den folgenden 15 Monaten landen rund 278.000 Mal Flugzeuge der Alliierten auf Berliner Flughäfen und transportieren Lebensmittel, Arzneimittel, Kohle, Maschinen und alle weiteren Güter zum täglichen Leben nach West-Berlin. Tempelhof wird der Hauptflughafen. Hier starteten und landeten die Flugzeuge zeitweise im 90-Sekunden-Takt. Berliner Kinder rennen begeistert auf‘s Tempelhofer Feld, als der amerikanische Pilot Halvorsen beginnt, kleine, mit Süßigkeiten bestückte Fallschirmchen abzuwerfen.

Luftbrücke 1948
Luftbrücke 1948 © Landesarchiv Berlin

Im Mai 1949 geben die Sowjets schließlich auf und beenden die Blockade. Aber noch bis Oktober halten die Alliierten das Luftprogramm aufrecht, um im Falle weiterer Behinderungen der Versorgungswege vorbereitet zu sein.

1950er Jahre: Zigtausende in den Westen ausgeflogen

Wenige Jahre später ist das Tempelhofer Feld erneut Symbol für Freiheit und Solidarität: In den 1950er Jahren kommen viele tausende Menschen aus den osteuropäischen Gebieten nach West-Berlin. Alle, die politische Motive hierfür nachweisen können, dürfen in der Bundesrepublik bleiben – allein 1951 werden monatlich rund 4.000 Menschen als "Flüchtlinge" anerkannt. Die Abwanderung tausender Bürger aus der DDR setzt die SED-Regierung zunehmend unter Druck, sie reagiert mit der Bedrohung von Ausreisewilligen und deren Familien. Ein Weitertransport der Menschen von West-Berlin nach Westdeutschland durch DDR-Gebiet ist nicht denkbar. Die Lösung führt wieder über Tempelhof: Über die Startbahnen des Tempelhofer Feldes werden über Jahre hinweg die anerkannten Geflüchteten Richtung Westen ausgeflogen – der einzig sichere Weg.

Campo de Tempelhofer en Berlín
Campo de Tempelhofer en Berlín © Zeitgeistmarketing

Riesige urbane Freifläche

Auch im 21. Jahrhundert bleibt das Tempelhofer Feld in Berlin ein Ort der Bewegung und lebendiger Auseinandersetzungen:
Bis 2008 wird der Flughafen Tempelhof genutzt, dann wird der Betrieb eingestellt. Das ehemalige Flugfeld wird in den nächsten Jahren zur riesigen urbanen Freifläche für alle Berliner. Schon am ersten Wochenende seiner Öffnung kommen rund 235.000 Besucher, um hier zu feiern, zu picknicken, Rad zu fahren, zu skaten, Drachen fliegen zu lassen.

Festival der Riesendrachen
© Stadt und Land, Foto: Nils Bornemann

Die Berliner genießen wie hundert Jahre zuvor „Freie Bahn“ und organisieren sich zügig, als Bebauungspläne des Senats publik werden. Die Bürgerinitiative „100 Prozent Tempelhof“ engagiert sich für den Erhalt der Erholungsfläche. Im Mai 2014 führt ein Volksentscheid mit großer Mehrheit zum Erfolg: Per Gesetz wird festgelegt, dass das Tempelhofer Feld unbebaut bleibt.

Ort gesellschaftspolitischer Auseinandersetzung

Das Tempelhofer Feld wird 2015 nach 65 Jahren erneut ein Ort für Geflüchtete: Seit Oktober 2015 füllen sich die Hangars des ehemaligen Flughafens mit Hunderten von Menschen aus Syrien und anderen Kriegsländern und werden zu Notunterkünften umgebaut. Um die Flut der geflüchteten Menschen nach Berlin zu bewältigen, errichtet der Senat temporäre Unterkünfte in der Randzone des Tempelhofer Feldes, was – nicht einmal zwei Jahre nach dem Volksentscheid über die Nicht-Bebauung – zu erneuten kontroversen Diskussionen führt.
Auch aktuell wird um „Bebauung oder Nicht-Bebauung“ wieder gestritten:  
Im Oktober 2020 startete die Berliner FDP eine Unterschriftenaktion, um einen erneuten Volksentscheid herbeizuführen: Diesmal für die Bebauung des Tempelhofer Feldes. An den Außengrenzen sollen auf 100 Hektor 12.000 Wohnungen entstehen. Bis Mai 2021 möchte die Berliner FDP 20.000 Stimmen für das Volksbegehren sammeln.
Aus Bevölkerung und Politik kommt Gegenwind. Nicht nur viele Berlinerinnen und Berliner und Sportler*innen aller Disziplinen sind gegen eine Bebauung. Auch viele bedrohte Tierarten haben die stille Weite für sich entdeckt, darunter die Feldlerche und etwa 40 verschiedene Bienen- und Wespenarten.

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