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Gaststätte Sophieneck
Große Hamburger Straße © (c) visumate

Alter Jüdischer Friedhof

Die Grabstätte von Mendelssohn

Einst ein jüdischer Friedhof, während der NS-Zeit zerstört – und heute eine Gedenkstätte: Der alte Jüdische Friedhof in Berlin ist inzwischen wieder instandgesetzt.

Auf dem Gelände in der Hamburger Straße ruhten einst berühmte Persönlichkeiten des Berliner Judentums. Der Friedhof ist heutzutage der älteste, erkennbare Begräbnisplatz der Berliner Innenstadt.

Die Anfänge

Nach der Vertreibung vieler Juden aus Wien erstattet der damalige Kurfürst Friedrich Wilhelm ein Aufnahmeedikt. 1671 siedeln sich nach mehr als hundert Jahren wieder 50 jüdische Familien in Berlin an. Die neu entstandene jüdische Gemeinde bekommt eine noch außerhalb der Stadtmauer liegende Grabstätte nahe der Oranienburger Straße im Rosenthaler Viertel. Auf dem 5.900 Quadratmeter kleinen Gelände sollen Tausende Juden begraben worden sein. Zwischen 1672 und 1827 wird hier beerdigt.

Das wohl bekannteste Grab ist das des deutschen Philosophen Moses Mendelssohn, der hier seit 1786 begraben liegt. Ein bereits mehrmals rekonstruierter Grabstein erinnert an den berühmten Aufklärer. Mendelssohn gilt bis heute als der Vorreiter der Haskala, der jüdischen Aufklärung. 1763 gewinnt er mit einer philosophischen Schrift den ersten Platz der ‚Königlichen Academie‘. Der bei seinen Anhängern auch als ‚Deutscher Sokrates‘ bezeichnete Mendelssohn ist eng mit Gotthold Ephraim Lessing befreundet. Er gilt als Vorbild für den Protagonisten in Lessings Werk Nathan der Weise sein.

Weitere berühmte Persönlichkeiten, die auf dem Alten Jüdischen Friedhof begraben wurden, sind der berühmte Rabbiner und Lehrer von Moses Mendelsohn, David Hirschel Fraenkel, Veitel Heine Ephraim, Hoffaktor Friedrich des Großen und Bauherr des prächtigen Ephraim-Palais, Marcus Herz und Jacob Herz Beer, der Vater des Komponisten und Dirigenten Giacomo Meyerbeer.

Nach der Schließung

Grundlage für die Schließung des Friedhofs ist eine 1794 erlassene Hygieneverordnung in Preußen. Sie sieht vor, dass Friedhöfe innerhalb der Stadtmauern in Wohngebieten nicht länger als Begräbnisstätte erlaubt sind. 1827 wird ein neuer jüdischer Friedhof in der Schönhauser Allee eröffnet. Dieser ist jedoch bereits im Jahr 1880 zu klein und muss durch den Jüdischen Friedhof in Weißensee ergänzt werden.

Mit dem Bau des jüdischen Altersheims und dessen Eröffnung 1844 wird der Eingang des ehemaligen Friedhofs von der Oranienburger Straße in die Hamburger Straße verlegt. Der alte Friedhof bleibt wegen des ewigen Ruherechts erhalten und wird als Park der rund 120 Bewohner des Altersheims genutzt. Auch für die in der Nähe ansässige jüdische Knabenschule eignet sich das Friedhofsgelände für den Naturkundeunterricht an.

Die NS-Zeit

Das Altenheim wird ab 1942 – während des Nationalsozialismus – von der Geheimen Staatspolizei als Sammellager für circa 55.000 jüdische Einwohner genutzt. 1943 werden Altenheim und Friedhof zerstört. Durch das Gräberfeld wird ein Splittergraben gezogen. Gebeine der Toten werden aus der Erde gerissen und die Grabsteine zerschlagen. April 1945 werden auf dem Friedhof in Massengräbern 2.427 Gefallene und getötete Zivilisten der Straßenkämpfe begraben.

Nachkriegszeit

1948 geht der Friedhof wieder an die Jüdische Gemeinde zurück. Ein Teil des Friedhofsgeländes wird in den siebziger Jahren zu einer öffentlichen Grünanlage umgewandelt. An Stelle des zerstörten Altenheimes wird neben einem Gedenkstein die Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“ von Will Lammert errichtet.

2007-2008 wird das Friedhofsareal erneut umgestaltet, geordnet und der Friedhofbereich wieder sichtbar gemacht. Ein Wasserbecken zum rituellen Händewaschen ist im Eingangsbereich aufgestellt, eine Gebetstafel wird angebracht und Informationstafel weisen den Alten jüdischen Friedhof und das ehemalige jüdische Altenheim als Gedenkort aus.

Weitere Informationen für Ihren Besuch

Ihre Besichtigung des ehemaligen Friedhofs lässt sich wunderbar mit anderen Einrichtungen jüdischer Geschichte in Berlin verbinden. Unweit des Friedhofs liegt das Anne Frank Zentrum und das Museum der Blindenwerkstatt von Otto Weidt. Jeden Sonntag gibt es dort kostenlose öffentliche Führungen durch die im Originalzustand erhaltenen Räumlichkeiten.

Mithilfe eines digitalen Leitsystems lassen sich die historischen jüdischen Friedhöfe entdecken. Vor Ort können sich Besucher mittels QR-Code in deutscher und englischer Sprache über die Geschichte der Friedhöfe sowie über einzelne Grabmale und die dort bestatteten Persönlichkeiten informieren.

Öffnungszeiten (Zusatzinfos)

täglich unbegrenzt